Posttraumatische Belastungsstörung
Was ist das? Worin zeigt sie sich? Welche Therapie hilft?
PTBS ist ein besonderer Schutzmechnanismus unseres Körpers. Er hilft uns, nach nach einer aktuten Stressreaktion weiterzuleben.
Jedes Trauma beruht auf Erlebnissen, die uns überwältigen, die unser System nicht verarbeiten kann. Die uns so stark bedrohen, dass wir nicht angemessen darauf reagieren und uns davor schützen können. Unser Körper reagiert darauf mit hohem Stress und versucht sich nachträglich (post=lat. nach) bzw. zeitverzögert zu heilen und das Erlebte zu integrieren.
Gelingt das nicht oder nur teilweise tritt ein zunächst körperlicher Schutzmechanismus in Kraft: Das Erlebte wird aus unserer direkten Wahrnehmung verdrängt. Der Preis dafür sind Störungen auf körperlichen und psychischen Ebenen. Sie treten oft Monate oder Jahre später auf und es kann für sie meist keine medizinische Ursache festgestellt werden.
Es gibt Selbst-Tests wie den PTSS-10, Test zur Posttraumatischen Belastungsstörung um herauszufinden, ob man selbst davon betroffen ist.
Posttraumatische Belastungsstörung - In welchen Symptomen zeigt sie sich?
Die Anzeichen für eine Posttraumatische Belastungsstörung zeigen sich oft erst Monate oder Jahre nach dem Ereignis auf unterschiedlichen Ebenen:
Erinnerung und Verleugung:
Das Ereignis wird teilweise (partiell) oder insgesamt aus der Erinnerung verdrängt. Es treten sogenannte Flashbacks auf: Plötzliche, nicht zu unterdrückende Erinnerungsblitze. Sie gehen oft einher mit emotionalem Chaos, Panik Attacken und starken körperlichen Reaktionen. Anschließend werden die Reaktionen oft verleugnet. Die auslösenden Reize (bestimmte Orte, Personen, Gerüche etc.), die an das Ereignis erinnern könnten werden unbewusst vermieden.
Entfremdung und Dissoziation:
Wir fühlen uns uns selbst gegenüber, unserem Körperempfinden und evtl. unserem Verhalten gegenüber zunehmend entfremdet. „Ich erkenne mich gar nicht wieder“, „Alles erscheint mir wie weit weg oder in Watte gepackt“, „Ich kann meine Beine kaum spüren“. Bis hin zu emotionaler Stumpfheit, ja Gleichgültigkeit gegenüber anderen Menschen.
Fragmentierung (innere Zersplitterung) :
Wir fühlen uns wie in unterschiedliche Teile „auseinandergefallen“. Wir bekommen uns nicht mehr „zusammen“, verlieren das Gefühl der Vollständigkeit und Integrität. Starke Stimmungsschwankungen.
Psychosomatische Folgen:
Auf der körperlichen Ebene können sich ein erhöhter Puls, Kribbeln, kalter Schweiß, Ein- und Durchschlafstörungen (mit Flashbacks – siehe oben), Muskelanspannung und chronische Schmerzen zeigen. Oder das Gegenteil: Erschöpfung, wenig Energie, schlechte Verdauung, niedriger Blutdruck, geschwächtes Immunsystem.
Reizbarkeit:
anhaltende Übererregbarkeit, Reizbarkeit, erhöhte Schreckhaftigkeit und Wachsamkeit (Hypervigilanz)
Hilflosigkeit und Leere:
Insgesamt wird das Leben unterträglich, und zunehmend als sinnlos empfunden. Die Folgen all dessen sind sozialer Rückzug und tiefe Hilflosigkeit. Oft mit einem Gefühl von „etwas stimmt mit mir grundsätzlich nicht“ und unbestimmter Schuld.
Posttraumatische Belastungsstörung - Wen betrifft es?
Ein Trauma ist ein Ereignis, das unsere normale Erlebnisfähigkeit überschreitet. Es liegt außerhalb unserer üblichen Lebenserfahrung. Auslöser dafür können sein: Erfahrungen von Naturkatastrophen, Unfällen, Operationen, die Diagnose einer schweren Krankheit, plötzliche Verluste, Nahtoderfahrungen. Besonders lebensbeeinträchtigend sind Erfahrungen von Gewalt, besonders über einen gewissen Zeitraum hinweg (z.B. in der Kindheit), Erfahrungen von Grenzüberschreitungen z.b. beim emotionalen oder sexuellen Missbrauch, schwere organische Krankheiten. Diese können zu einer komplexen Posttraumatischen Belastungsstörung führen, also zu erheblichen Beeinträchtigungen des Erlebens, Denkens, Fühlens und auch der Interaktion mit der Umwelt.
Besonders bei frühkindlicher Traumatisierung wie bei einem Kindheitstrauma sind die Folgen oft anhaltend und das eingeschränkte Erleben ist oft gar nicht bewußt sondern wird als normale Realität erlebt.
Diese Erlebnisse würden bei nahezu jedem Menschen eine tiefgreifende Verzweiflung auslösen. Ein Leben „danach“ ist nie wieder, wie es zuvor war. Unsere tiefsten Grund-Überzeugungen werden erschüttert:
- der Glaube an unsere Unverwundtbarkeit
- die Annahme, dass das Leben verstehbar ist
- das eigene Empfinden von Selbstwert
- die Annahme, anderen Menschen oder dem Leben trauen zu können
- der Glaube an etwas Größeres, Höheres, das uns beschützt
PTSS-10, der kurze Test für Posttraumatische Belastungsstörung
Der Test besteht aus 10 einfachen Fragen, in der Sie für ihr jeweiliges Befinden einen Wert auf einer Skala auswählen. Der Test wird regelmäßig bei Soldaten, die aus Bundeswehr-Auslandseinsätzen zurückkehren eingesetzt. Bei einer Punktezahl ab 36 besteht lediglich eine Verdachtsdiagnose einer Posttraumatischen Belastung. Die Skala wurde 1989 von Weisaeth entwickelt. PTSS-10 kann anonym und ssl verschlüsselt hier in 5 Min. durchgeführt werden.
Posttraumatische Belastungsstörung - Welche Therapie hilft?
Erfahrungsgemäß hat sich im Bereich der Trauma-Therapie die körperorientierte Therapie wie z.B. das behutsame, ressourcenorientierte Somatic Experiencing nach P. Levine bewährt. Denn das Trauma manifestiert sich zunächst auf der körperlichen Ebene, in unserem Nervensystem. Von dort aus wirkt die Übererregung auf unsere Organe, Drüsen und Hormone, den Stoffwechsel und das Immunsystem. Dies wiederum hat Auswirkungen auf unser psychisches Befinden.
Die Heilung kann auf dem gleichen Weg erfolgen: Neue, heilsame und unterstützende Impulse finden ihren Weg in unser Nervensystem und wirken von dort auf unser gesamtes Wohlbefinden. Die Erfahrungen der eigenen Ressourcen, Halt und Sicherheit spielen eine besondere Rolle dabei. Nach und nach kann das Erlebte neu „empfunden“ und integriert werden.
Nach und nach können Therapieformen wie Verhaltenstherapie (bei anhaltendem Vermeidungsverhalten) und EMDR (Eye Movement Desensitization and Reprocessing – wörtlich auf deutsch: Augenbewegungs-Desensibilisierung und Wiederaufarbeitung). Beide Formen sind jedoch wegen der angewandten Expositionsarbeit (sich dem traumatisierenden Ereignis innerlich wiederholt aussetzen) mit großer Vorsicht anzuwenden, um eine Retraumatisierung und erneute Dissoziation (Abspalten vom gefühlten Erleben) zu vermeiden.